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zur Zeit nicht ausgestellt
Inv.-Nr.: Be 498

Messer, (Bauernwehre), schweizerisch 16.Jahrhundert, Boden- oder Wasserfund aus Luzern.

Eisen korrodiert und restauriert. Rechteckige, geschwungene Knaufschiene, exzentrisch auf der Angel vernietet. Breite Griffangel mit drei Löchern zur Befestigung von Griffplatten, Platten fehlen. Die Angel weist im Knaufbereich beidseitig je ein Nocken zur Fixierung der Griffplatte auf. Über der Klingenwurzel und dem Angelansatz wurde backenartig ein Abschluss vernietet, der einseitig in einem kurzen Parierarm endet.
Volle Rückenklinge (Länge 26,3 cm, Breite 3,6 cm). Der Klingenrücken findet im Angel- oder Griffrücken seine Fortsetzung. Die Schneide verjüngt sich zum Ort hin.

Gesamtlänge: 37,3 cm, Gewicht: 260 g
Provenienz: Auktion Galerie Fischer, Luzern, 25.11.1959, Nr.161, ehemals Slg.Charles Boissonnas (1832 - 1912).

Kommentar

Im Katalog der Slg.C.Boissonnas wird als Provenienz (Fundort?) Luzern, als Datierung das 15.Jahrhundert angegeben. Auf der Tafel XXXIII erscheint das Messer in unrestauriertem Zustand. Zwischen 1914 und 1959 überarbeitete und schliff man die Metallteile ziemlich grobschlächtig, wobei auch die Nietlöcher in der Angel offengelegt wurden.
Charakteristisch für die sogenannten Haus- oder Bauernwehren, in schweizerischen Quellen als «Rugger» bezeichnet, sind breite Angeln, die zur Befestigung von Griffplatten aus Horn (Rindvieh oder Geweihstangen von Rotwild) eingerichtet sind, wobei die Platten durch eine vernietete Knaufschiene und eine ebenfalls vernietete Griffbacke mit Pariernocken begrenzt werden. Typisch ist weiterhin, dass der Griffrücken im Klingenrücken seine Fortsetzung findet. Die Klingen der Bauernwehren sind voll gearbeitet und weisen in einigen wenigen Fällen eine Rückenkannelüre auf.
In der beschriebenen Form waren Haus- und Bauernwehren vor allem in der deutschen Schweiz vom 15. bis zu Beginn des 17. Jahrhunderts gebräuchlich. Sie wurden zum kriegerischen, jagdlichen oder häuslichen Gebrauch von weiten Teilen der Bevölkerung getragen und verwendet. Im Verlauf des 16. Jahrhunderts entstand aus der Hauswehre durch die Verbreiterung der Klinge und die Vergrösserung des Griffs die sogenannte «Praxe» oder «Weidpraxe» (auch als «Plötze» oder «Blatt» bezeichnet), die mit ihrer schweren Klinge zum Zerwirken des Wildes diente. Älteste schweizerische Beispiele tragen die Marken von Schaffhauser Messerschmieden aus der Zeit um 1600 (Vgl.Schneider, Griffwaffen I, Nrn.601,602).
Literatur: Schneider, Griffwaffen I op.cit., S.266-284, Nrn.559, 560, 565. Alte Waffen aus der Schweiz, Sammlung C.Boissonnas, Genf o.J. (ca. 1914), S.26, Nr. 158, Tafel XXXII.