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zur Zeit nicht ausgestellt
Inv.-Nr.: Be 110

Säbel, schweizerisch, kantonale Ordonnanz 1760, Wachtmeister, Feldschärer, Musterschreiber, Tambourmajor. 1786 Grenadiere. 1794 Infanterie, 1805/1813 Infanterie, Bern.

Messinggefäss, aus gegossenen und geschmiedeten Teilen zusammengesetzt. Griffkappe, Vernietknäufchen, Griffbügel in die gerundete Parierstange mit einem terzseitigen Parierbügel übergehend, die zwei Seitenbügel münden in den Parierbügel. Der Daumenring auf der Quartseite wurde möglicherweise entfernt oder fehlte schon von Anbeginn. Griffwicklung aus ährenförmig angeordnetem Messingdraht, Zwinge.
Rückenklinge (Länge 65 cm, Breite 3,2 cm), Hohlschliff im Rückenbereich, im Ort zweischneidig, Grootspitze, beidseitig gleicher Ätzdekor: in Richtung Ort schreitender Bär. Schwarze Lederscheide, Anfang 19.Jh., Messinggarnitur, Mundblech mit Tragknopf, Stiefel. Die rote, am Parierbügel festgenähte Regenschlaufe und das Schlagband sind ebenfalls in den Anfang des 19.Jahrhunderts zu datieren. Schlagband, wohl für Unteroffizier: weiss-rote Baumwollkordel, Troddel oben mit weissem Wollring, rote Fransen.

Gesamtlänge: 77,6 cm Gewicht (ohne Scheide): 610 g
Provenienz: Antiquar Emil Hofmann, Paudex/Lausanne (Kt.Waadt) 1954, Waffe stammt ursprünglich aus Nyon.

Kommentar

Mit Ratsbeschluss vom 13.und 20.Dezember wurden 1759 für Berner Miliz ein Infanteriesäbel mit geschwärztem Eisengefäss und einer Klinge von 2 Fuss 1 Zoll 10 Linien (63,1 cm) Länge und 1 Zoll 4 Linien (3,3 cm) Breite als Modell angenommen. Am 4.Feburar 1760 gab der Kriegsrat braunen anstelle der ursprünglich vorgesehenen schwarzen Scheiden den Vorzug. Das Modell eines Säbels für Wachtmeister, Feldschärer und Musterschreiber mit einem Messinggefäss, dessen Form dem Infanteriesäbel entspricht, genehmigte der bernische Rat der CC am 16.Januar 1760. Diese neue Waffe wird in der ebenfalls am 16.Januar 1760 in Kraft gesetzten «Ordonanz über das Uniforme der Infanterie teutschen Lands...», als « Degen mit einem messingenen Gefäss nach dem Modell» bezeichnet. In jener Zeit unterschied man noch nicht wie in der Waffenkunde üblich konsequent zwischen Degen (Waffe mit gerader Klinge) und Säbel (Waffe mit gekrümmter Klinge). Auf den Säbelklingen bei Waffen nach der Ordonnanz 1760 erscheint als Klingendekor häufig der beidseitig eingeätzte, schreitende Bär.
Der Begriff «Degen» fand in der deutschen Schweiz oftmals als Sammelbegriff für unterschiedliche Griffwaffen Verwendung. Weil der bernische Milizsoldat seine Uniformierung, Bewaffnung und Ausrüstung auf eigene Kosten beschaffen musste, wurden ältere, zumeist längere Griffwaffen weiterhin geführt und nicht konsequent gekürzt und der neuesten Ordonnanz angepasst. Das ursprünglich mit einem Daumenring ausgestattete Modell 1760 mit Messinggefäss wurde in späteren Jahren auch von Grenadieren (1784) und nach 1794 vermehrt von Füsilieren getragen. Die vorliegende Waffe ohne Daumenring mit einer angenähten Regenschlaufe, die das Eindringen von Wasser in die Scheide verhindern soll, diente noch im Rahmen der bernischen Militärorganisationen von 1805 und 1813 als Bewaffnung.
Literatur: Wegeli, Schwerter und Dolche op.cit., S.194, Nr.716, 718, 719. Roland Petitmermet, Lucien Rousselot, Schweizer Uniformen 1700 - 1850, Bern 1976, S.32-36. Schneider, Griffwaffen 18./19.Jh. op.cit., S.12, Nr.10 mit Abb. Angaben aus dem Staatsarchiv Bern.