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zur Zeit nicht ausgestellt
Inv.-Nr.: Be 605

Partisane,
österreichisch, um 1687, für Trabanten des Erzbischofs Johann Ernst, Graf Thun (1687 – 1709), Salzburg

Lange, breite Klinge (Länge 52 cm, Breite 7,2 cm), beidseitig ein Mittelgrat zwischen breiten und tiefen Hohlschliffen. Die Klingenbasis weist beidseitig spitz endende Flügel auf, Flügelansätze mit kreisförmigen Einschnitten und Zierhäkchen. Ein geätzter Dekor auf geschwärztem Punktgrund bedeckt Klingenansatz, Klingenbasis und die Flügel: auf der Klingenbasis – das Wappen des Erzbischofs Johann Ernst Graf Thun, überhöht von einem Prälatenhut mit drei Quastenreihen. Klingenansatz und Flügel – mit ornamentalem Blatt- und Rankendekor. Achtkantige, konische Tülle, die in eine gedrückte Kugel mit Mittelring übergeht, darüber das Partisanenblatt (Blattlänge 62 cm, Tüllenlänge 11 cm). Zwei Schaftfedern (Länge ca. 39 cm), Achtkantschaft aus Kastanienholz.

Gesamtlänge: 222 cm, Gewicht (mit Schaft): 2830 g
Provenienz: Galerie Fischer, Luzern, 1952. Galerie Fischer, Zürich/Luzern, 10. 5. 1939.

Kommentar

Aus der ehemaligen Waffensammlung W. R. Hearst und aus österreichischem Hochadelsbesitz, Nr. 38, Waffe für Johann Ernst und nicht Guidobald, Graf Thun.
Der Waffenname «Partisane» und die Waffe sind nach übereinstimmender Ansicht der Waffenhistoriker italienischen Ursprungs. «Partigiana», die Parteigängerin, ist das weibliche Pendant zu «Partigiano», dem Parteigänger. Einen frühen Beleg für die Existenz der «Parteigängerwaffe» liefert ein Schreiben vom 15. Mai 1495 von Lodovico Gonzaga, Mantua, in welchem er sich über die Beschaffenheit einer offensichtlich als Muster vorgelegten «partesana» äussert: «Esso cavallaro… ve mostrara una partesana la quale e lavorata pur ala grossa, nui ne voressemo a questa coza alcune ma meglio lavorate et dorate in la forma chel pto. Cavallaro ve informara…». Anscheinend war die Waffe zu plump ausgefallen, Gonzaga verlangte vom Hersteller besser verarbeitete und vergoldete Partisanen in einer noch festzulegenden Form. Offensichtlich wurden schon zu Ende des 15. Jahrhunderts Partisaneneisen in fürstlichem Auftrag speziell dekoriert. Die grossen, zweischneidigen Blätter in Form eines langgezogenen Dreiecks boten flächenmässig gute Voraussetzungen für Dekortechniken aller Art. Daneben gab es auch einfachere, blanke, kriegsmässige Ausführungen, wie 80 am 22. Juni 1495 der Stadt Florenz gelieferte Partisanen belegen.
Nördlich der Alpen begegnen wir der Partisane in einem luzernischen Beuterodel, der nach der Schlacht bei Grandson vom 3. März 1476 erstellt worden war: «hans egstetter j partesan, und er hat sin spiess an der nott verloren so hat er ein blind ross». Die von einem gewissen Hans Egstetter gemeldete Beute bestand aus einer Partisane und einem blinden Pferd. Seinen eigenen Spiess hatte Egstetter anscheinend im Kampf verloren. Auf burgundischer Seite kämpften auch italienische Hilfstruppen, auf diesem Wege dürfte die Partisane in die Schweiz gelangt sein. In fünf noch erhaltenen Luzerner Beuterödeln werden u. a. Stangenwaffen wie Spiesse, Mordäxte usw. erwähnt, eine Partisane erscheint in diesem Zusammenhang nur einmal. Die den Beutemeistern wenig bekannte, anscheinend seltene Waffe wurde mit ihrer italienischen Bezeichnung «partesan» in den Rodel aufgenommen. Bei der im Verlauf des 15. Jahrhunderts entstandenen Partisane mit einem langen, flügellosen Blatt handelt es sich um eine Sonderform des Spiesses. Zur Befestigung auf dem runden oder achtkantigen Schaft dienen eine konische Tülle sowie ein zusätzliches Schaftfedernpaar. Die frühe Form der Partisane wird von einigen Waffenhistorikern auch als «Ochsenzunge» (Buttin 1936, Seitz, 1943, 1966, Coll. Kienbusch 1966) oder als «spiedo alla bolognese» (Boccia 1991) bezeichnet. Der schon um 1450 nachweisbare französische -Begriff «langue de boeuf» fand als «Ochsenzunge» auch Eingang in das 1966 von Heribert Seitz publizierte Standardwerk «Blankwaffen».
Die taktischen Möglichkeiten früher Partisanen lassen sich mit einem Schwert vergleichen, das an einer Stange fixiert wurde, wobei die Hieb- oder Schneidefunktion im Vergleich zum Stoss eine eher untergeordnete Rolle spielte. Mit den erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts feststellbaren «Flügeln» gelang es, die Pariermöglichkeiten dieser Waffe zu verbessern. Als Parade- oder Offizierswaffe finden wir die Partisane mit ihren charakteristischen, beidseitig an der Blattbasis angebrachten Flügeln im 17./18. Jahrhundert in ganz Europa. In der Schweiz wurde die Partisane nicht heimisch, auch im 17. und frühen 18. Jahrhundert bevorzugten die Offiziere und Unteroffiziere weiterhin die Halbarte oder den Luzernerhammer. In nur geringfügig abgewandelter Form wurde das italienische «partesana», «partigiana» in andere Sprachen übernommen, z. B. deutsch «Partisane», französisch «pertuisane», englisch «partisan» oder «partizan», spanisch «partesana». Der schon um die Mitte des 16. Jahrhunderts anzutreffende Begriff «partigianone» für Partisanen mit Flügeln und besonders langen Klingen (Angelucci 1890, De Vita 1983, Boccia 1991) lässt sich waffenmässig nicht klar abgrenzen.
Dem Beispiel anderer Fürsten folgend, bewaffneten die Erzbischöfe von Salzburg seit der Regierungszeit von Johann Jakob Khuen von Belasy (1560 – 1586) ihre Leibgarde vorzugsweise mit Partisanen. Obschon Graf Thun (1687 – 1709) als Erzbischof für sein Wappen Anspruch auf einen Bischofshut mit vier Quastenreihen gehabt hätte, fand der einfachere römische Prälatenhut mit nur drei Reihen Verwendung. Erst auf den ebenfalls wappengeschmückten Partisanen des Leopold Anton Eleutherius Freiherr von Firmian (1717 – 1744) erscheint der Bischofshut mit vier Quastenreihen, den sogenannten «fiocchi».
Literatur: Angelo Angelucci, Catalogo della Armeria Reale, Torino 1890, S. 366/368. Boccia/Coelho, Armi bianche op. cit., S. 347, Nrn. 181/182,»Spiedi». L. G.Boccia, L’Armeria del Museo civico medievale Bologna, 1991, S. 156/158, Nrn. 343/344, «Spiedo alla bolognese», Nrn. 345/353, «Partigianone», «Partigiana». Charles Buttin/François Buttin, La Pertuisane, Bulletin Trimestriel de la Société des Amis du Musée de l’Armée, No 46, März 1937, S. 8