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zur Zeit nicht ausgestellt
Inv.-Nr.: Be 87

Säbel, schweizerisch, in der Art der kantonalen Ordonnanz 1742, Unteroffizier, Infanterie, Bern.

Messinggefäss aus gegossenen und geschmiedeten Teilen, kugeliger, etwas gequetschter Knauf, konischer Ansatz, Vernietknauf. Griff- und separater Seitenbügel sind durch eine doppelte, diagonal angelegte Spangenverbindung miteinander verbunden und münden in die Parierstange resp.das Stichblatt. Ein weiterer quartseitiger Seitenbügel, der in der Daumenbügelbasis endet, weist eine Spangenverbindung zum Griffbügel auf. Zweiteiliges Stichblatt, die nierenförmigen, gegossenen Stichblätter von unterschiedlicher Grösse sind gebörtelt und zeigen auf der Aussenseite das Bernerwappen. Zwischen den Stichblatthälften ein kurzer, ortwärts gebogener Parierstangenfortsatz mit Knopfabschluss. Griff mit Messingdrahtwicklung, Zwingen ergänzt.
Rückenklinge, deutsch 2.Viertel 18.Jh. (Länge 72,5 cm, Breite 3,9 cm), im Rückenbereich Hohlschliff, im Ort zweischneidig, Ätzdekor: Männerbüste mit grossem Hut, Blumen.

Gesamtlänge: 85,8 cm Gewicht: 810 g
Provenienz: Aus Privatbesitz, Nyon (Kt.Waadt) 1954.

Kommentar

Am 26.Oktober 1742 beauftragte der Berner Kriegsrat den Zeugherrn Mathey 400 bis 500 «Munition Degen und Sabel» zu beschaffen, weil das Zeughaus mit derartigen Waffen ungenügend versorgt sei. Mit dem Wort «Munition» wurde die gewünschte militärische Uniformität dieser Griffwaffen umschrieben. In einem Vertrag vom 27.November 1742 verpflichtete sich der in Liestal ansässige Degenschmied Michael Strübin dem Zeughaus gemäss vorgelegtem Muster hundert Säbel bis Fasnacht 1743 zu liefern. In dem Vertrag wird u.a. festgehalten dass das starke, wohlgearbeitete Gefäss mit «Böglin» (Griffbügel, Seitenbügel etc.) und «Stichblats» , anstelle eines «Knopfs» ( = Knauf) mit einem «Leuenkopf» ausgerüstet sein soll. In den Auftrag dem Zeughaus 1743 450 Säbel zu liefern teilten sich die Degenschmiede Strübi (Liestal), Schnell (Burgdorf), Ernst (Aarau) und Gruner (Bern).
Das Gefäss des Ordonnanzmodells entspricht in seiner Grundkonstruktion demjenigen der vorliegenden Waffe, jedoch mit Unterschied, dass ein Löwenkopfknauf den Platz des Kugelknaufs einnimmt. Bekanntlich hatte man Strübin in seinem Vertrag mit dem Berner Zeugherrn ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht als Knauf einen Löwenkopf zu verwenden. Es waren demnach bereits Säbel mit vergleichbaren Gefässen jedoch kugeligen Knäufen im Umlauf (Wegeli Nr.442). Auch für die übrigen Lieferanten galten die gleichen Bedingungen. Die korbartigen Gefässe der Ord.1742 unterscheiden sich vor allem bezüglich des Stichblattdekors. Es scheint, dass jeder der beteiligten Degenschmiede einem anderen Dekor den Vorzug gegeben hat: 1. Berner Wappen in einem unten gerundeten, letztlich spitz endenden Schild (Wegeli Nr.445) möglicherweise Strübi in Liestal zuzuschreiben. 2. Ein grosser, frei schreitender Bär (Wegeli Nr.446). 3. Ein kleiner frei stehender Bär (Hist.Museum Bern Inv.1365). Eine sichere werkstattmässige Zuordnung ist nicht möglich. Es sind auch Waffen mit 1742-ger Gefässen ohne Stichblattdekor bekannt ( Hist.Museum Bern Inv.15778).
Die vier Degenschmiede belieferten jedoch nicht nur das Zeughaus mit dem neuen Modell. Wenn Berner Milizangehörige um 1742 bis ca.1750 Säbel direkt beim Hersteller erwarben, so konnten diese in gewissen Teilen, vor allem was die Beschaffenheit des Knaufs anbetraf, vom Modell 1742 abweichen. Derartige Abweichungen wurden obrigkeitlich toleriert. Die Klinge und der Klingendekor der vorliegenden Waffe stimmt weitgehend mit der Klinge des Berner Säbels B 80 überein, ebenfalls ein Solinger Produkt 2.Viertel 18.Jh., sehr wahrscheinlich vom gleichen Klingenhersteller.
Literatur: Wegeli, Schwerter und Dolche op.cit., S.118, Nr.442, S.119, Nr.445, 446, 447 mit Abb. Gleicher Gefässtyp jedoch mit Löwenkopfknauf. Die Waffe wird fälschlicherweise als Reitersäbel bezeichnet, vgl. Kommentar zu B 49. Schneider, Schweizer Waffenschmiede op.cit., S.100, 125, 244, 257. Angaben aus dem Staatsarchiv Bern. Dufty, Swords & Daggers op.cit., S.23, Tafel 43 a, Gefäss Ord.1742, Bern. Dufty datiert den Säbel in Zeit um 1700.