Messinggefäss, hoher, halbkugeliger Knauf mit gekehltem Halsansatz, grosser, eichelförmiger Vernietknauf. Die Terzseite des Knaufs weist die eingeschlagenen Buchstaben, «A.S.O» auf, Initialen des Besitzers (?). Der flache, gerundete Griffbügel mündet in die Parierstange, ein flacher, vierkantiger Seitenbügel wird durch die terzseitige, diagonal angelegte, doppelte Spange mit dem Griffbügel und dem Stichblatt verbunden. Die scheibenförmig verbreiterte Schnittstelle der Spangen zeigt eine gravierte Beschriftung: « 2me Regiment de Dragons». Das terzseitige, fischblasenförmige Stichblatt ist auf der Aussenkante beschriftet: «4me Compagnie», quartseitig eine Spange mit grossem Daumenring. Kurzer Parierstangenforsatz. Mit geschwärztem Leder bespannter, gerillter Griff, Messingdrahtwicklung.
Leicht gebogene Rückenklinge (Länge 97,3 cm, Breite 3,3 cm), Marke: «MR» in ovaler Perlkranzkartusche (= Manufacture Royale de Klingenthal, 1791), breiter Hohlschliff, Rückenkannelüre.
Gesamtlänge: 114,5 cm Gewicht: 1180 g
Provenienz: Antiquar Emil Hofmann, Paudex/Lausanne (Kt.Waadt), die Waffe stammt ursprünglich aus Nyon.
Der in preussischen Diensten zum Generalmajor aufgestiegene Rupertus Scipio von Lentulus (1714-1786) begab sich im Frühjahr 1767 zur Regelung von Erbschaftsangelegenheiten nach Bern. Um dessen Kriegserfahrung zur Verbesserung des bernischen Wehrwesens zu nützen, ersuchte ihn der Kriegsrat an einigen Musterungen der Miliz beizuwohnen. Anlässlich eines im Kirchenfeld bei Bern vom 8.6.1767 bis 22.6.1767 durchgeführten «Camp», eines Übungslagers, manövrierten bernische Truppen unter der Leitung des Generals.
Seine Eindrücke über die bernische Miliz und Verbesserungsvorschläge brachte Lentulus in zwei Denkschriften zu Papier. Er bemängelte unter anderem auch die Beschaffenheit der bernischen Dragonerdegen: «Der Degen kann leicht brauchbar gemacht werden. Der Handgriff muss nicht glatt, noch von Messing seyn, denn so kann der mann ihn fest halten. Auch ist seine Hand nicht genugsam bewahrt, welches doch leicht geschehen kann. Selbst das unnöthige Messing an dem Handgriff kann hiezu angewendet werden». Es handelte sich dabei offenbar um einen Degen in der Art des 1758 vom Berner Degenschmied Gruner unterbreiteten Modells mit einem massiven Messinggriff über dessen Verbreitung keine Angaben gemacht werden können.
Das zu lange Dragonergewehr, der Flintenschuh, das Schuhwerk und die «Pferdequipage» gaben zu weiteren Beanstandungen Anlass. Lentulus befürwortete auch die Wiedereinführung einer zweiten Dragonerpistole anstelle des bisherigen Gertels. In seiner zweiten «Mémoire» zuhanden des Kriegsrates bemerkt der General: «Ich habe die ganze Dragoner Rüstung in hiesiges Zeughaus abgegeben, nach welcher man sich leicht richten kan». Lentulus wurde am 24.Februar 1768 für die als Muster überlassene preussische «Dragoner Armatur» folgende Beträge ausbezahlt: Für «1 Carabiner in Messing garniert von Potzdam, 6 Kronen 3 Batzen, 1 Paar Pistolets für Reuter in Messing, 6 Kronen 12 Batzen, 1 Dragoner Degen, 4 Kronen 10 Batzen». Der Versuch den Dragonerdegen in der von Lentulus vorgeschlagenen, nach preussischer Art und Weise abzuändern wurde noch im Juni 1767 unternommen, «....zum Muster für Dragoner an Meister Stämpfli, als die Abänderung von einem alten Cavallerie Degen, samt neuem Griff, Scheiden und Beschläg, zalt 2 Kronen 18 Batzen».
Mit der Lieferung von Musterexemplaren tritt Matthias Wilhelm Pistor , «Entrepreneur einer Gewehr Fabrique», Schmalkalden (Sachsen) in Erscheinung, der am 16.März 1769 mit Bern einen Vertrag über die Lieferung von 1000 Karabinern und Pallaschen sowie 2000 Pistolen eingeht, die bis 1777 vereinbarungsgemäss im Berner Zeughaus eintreffen. In Absatz vier des Vertrags wird bezüglich des «Degens» festgehalten, dass dieser wie das angenommene Modell mit einem Messinggefäss und einer «Wolfsklinge» auszustatten sei. Anstelle der anfänglich vorgesehenen zweischneidigen Degenklinge mit einem «Wolfszeichen» wurden entgegen dem Wortlaut des Vertrags jedoch im Einverständnis mit dem Kriegsrat von Pistor Säbel mit einer leicht gebogenen Rückenklinge geliefert. Gleichzeitig ersetzte man die im Vertrag aufgeführte «eiserne Scheide» durch eine belederte Scheide mit Holzkern und Messinggarnitur. Das Gefäss des Berner Säbels Ord.1769 entspricht weitgehend dem «altpreussischen» Dragonerdegen, der neben dem bekannteren Modell 1735/97 bis ca. 1750 Verwendung fand. Währenddem Preussen für die Griffwaffen seiner Dragoner oder Kürassiere weiterhin breite Degenklingen beibehielt, entschied sich Bern 1769 für eine eher schmale, lange Rückenklinge mit beidseitigen Hohlschliffen. Bereits im Vertrag von 1769 mit Pistor werden diese mit einer geringfügigen Preiserhöhung verbundenen Änderungen in einem Zusatz berücksichtigt.
Die Karabiner, Pistolen und Pallasche Ord.1769 waren in Übereinstimmung mit der Truppenzugehörigkeit «mit gleichen Buchstaben und Numeris» zu zeichnen. Die Zugehörigkeit zu den 1767 neu formierten und 1783 nur geringfügig umstrukturierten vier Regimenter starken Dragonerkorps wurde 1767 mittels den Grossbuchstaben A – E, seit 1783 A – D, auf den Pallaschgefässen oder den Daumenblechen der Schusswaffen festgehalten, für die vier, ausnahmsweise sechs Kompanien des Regiments verwendete man Kleinbuchstaben a – d /f. Die von den drei waadtländischen Kompanien des 2.Regiments «B» geführten Waffen wurden wie der vorliegende Pallasch seit 1783 in französischer Sprache beschriftet und nicht mehr mit Buchstaben gekennzeichnet. Von 1769 bis 1779 wurden lediglich vier der Tausend Pallasche an die Truppe verkauft, die sich auf eigene Rechnung bewaffnen, ausrüsten und uniformieren musste und daher ungeachtet obrigkeitlicher Aufrufe ältere Reiterdegen weiterhin verwendete.
Literatur: Rudolf von Fischer, Die Denkschriften des preussischen Generals Rupertus Scipio von Lentulus über die Reform der Berner Miliz vom Jahre 1767, in: Münchner historische Abhandlungen, zweite Reihe, Kriegs- und Heeresgeschichte, hg. E.v.Frauenholz, 15.Heft, München 1942, S.3. Aries, Armes blanches op.cit., Vol.XIV 1969, «Manufacture de Klingenthal, Personnel de Contrôle». Christian Reinhart, Jürg A.Meier, Pistolen und Revolver der Schweiz seit 1720, Dietikon-Zürich 1998, S.16-18. Lhoste/Buigne, Armes blanches, symbolisme, op.cit., S.236, «MK», Abb.7. Wegeli, Schwerter und Dolche op.cit., S.208-209, Nrn.773 - 776, Tafel XXXIV. Jean Dunant, Seulement deux sabres connus!, in: Schweiz. Gesellschaft für historische Waffen- und Rüstungskunde, Revue 4, 1994, S.99-103. Heer, Stockel II op. cit., S.964-965.