Eisengefäss, gegossener Messingknauf, flache, konische Form mit Kanten und schmalen Seitenflächen. Knaufbasis beidseitig gewinkelt, im Bereich der Nietfläche beidseitig spitz endend. Im Zentrum des Knaufs beidseitig ein Dekorbuckel in Form eines Männerkopfs mit Schnauz. Gegitterter Korb, terzseitig des Griffbügels eine dreifache Gitterreihe mit sieben Öffnungen über fünf Spangen sowie zusätzlichen Bügeln. Quartseitig sechs Spangen sowie an der Basis weitere Parierbügel und ein Daumenbügel, gravierte Signatur in kyrillischer Schrift, «SAVA». Vierkantige Parierstange mit einem flachen, korbwärts gebogenen Ende. Mit braunem Leder bespannter, gerillter Griff. Die Ledermanschette über der Klingenwurzel ist fragmentarisch erhalten.
Zweischneidige Klinge, deutsch 16.Jh., wohl Passau (Länge 88,3 cm, Breite 4,1 cm), linsenförmiger Querschnitt, im Ansatzdrittel ein Mittelhohlschliff, messingtauschierte Wolfs- und Reichsapfelmarke.
Gesamtlänge: 104 cm Gewicht: 1340 g
Provenienz: Galerie Fischer, Luzern 1951.
Als «Schiavoni» ( «schiavo», italienisch für «Sklave») wurden Angehörige einer im Balkan angeworbenen, zur Hauptsache aus Kroaten bestehenden Truppe bezeichnet, die seit dem 16.Jahrhundert Venedig bis zum Untergang der Republik 1797 gute Dienste leistete. Anfänglich als Marineinfanterie eingesetzt, verwendete man sie im 17./18.Jahrhundert vor allem zu Lande bei der Infanterie, seltener der Kavallerie. Die Rekrutierung der Schiavoni fand jeweils vom Dezember bis Januar statt, angeworben wurden 18 bis 35jährige, die mindestens 4 Fuss und 3 Zoll (1,65 m) gross waren und «illyrisch» sprechen konnten, d.h. der kroatischen oder slawischen Sprache mächtig waren. Sie mussten gemäss den damals geltenden Kriterien diensttauglich sein. Gründe um einen Bewerber abzuweisen, waren der Nachweis einer Desertion, ein hängiges richterliches Verfahren oder ein Schuldspruch. Der Dienst dauerte im 18.Jahrhundert neun Jahre, davon entfielen drei Jahre auf die «Terra ferma», dem italienischsprachigen Territorium der Republik. Drei weitere Jahre hatte der Schiavone in den balkanischen Besitzungen sowie abschliessend drei Jahre auf den ägäischen Inseln Venedigs zu verbringen. Als Rekrutierungszentren dienten Capodistria, Zara und Cattaro. Die wichtigste Basis auf dem venezianischen Festland war die Festung Palmanova und in der Ägäis die Insel Korfu. Die Schiavoni galten als Elitetruppe und wurden mehrheitlich von Landsleuten kommandiert.
Ihre Bewaffnung bestand im 17./18.Jahrhundert aus einem Gewehr («Carabiniero»), einem Paar Pistolen, welche in einem breiten Leibgurt steckten sowie einem Säbel oder dem Haudegen, der sogenannten «Schiavona».
Die Entwicklung der Schiavona vom 16. bis 18.Jahrhundert hat L.G.Boccia 1995 überzeugender Art und Weise dargelegt. An den Anfang stellt Boccia einen venezianisch-italienischen Schwerttyp mit horizontal S-förmig geschweifter Parierstange und einem grossen, quadratischen, flachen Eisenknauf. Diese zu Ende des 15. und zu Beginn des 16.Jahrhunderts wohl vor allem in Belluno produzierten Waffe zu einer oder anderthalb Hand, ist wie die späteren Schiavonamodelle mit einer relativ breiten, geraden Klinge, die Mittelhohlschliffe und parallel laufende Schneiden aufweist, ausgestattet. In der Waffensammlung des Dogenplastes befinden sich noch ca. 300 derartige Schwerter.
Um die Mitte und im 3.Viertel des 16.Jahrhunderts erfolgte der Übergang vom einfachen Schwertgefäss zu einer Vorstufe des Schiavonagefässes, welches die Hand durch einen zusätzlichen Griff- und Seitenbügel besser schützte. Die Zahl der terzseitigen Seitenbügel erhöhte sich bis zum Ende des 16.Jahrhunderts auf drei, auch quartseitig baute man den Handschutz aus. Der flache, unregelmässig sechseckige Knauf, beidseitig mit Mittelbuckeln, wurde schon seit Ende des 16.Jahrhunderts nicht mehr aus Eisen geschmiedet, sondern in Bronze oder Messing gegossen. Bei den Schiavonagefässen löste in der ersten Hälfte des 17.Jahrhundert eine einfache Gitterreihe die bisherige Konstruktion mit Seitenbügeln ab. Ins 18. Jahrhundert sind Gefässe mit zwei oder drei Gitterreihen zu datieren, wobei das dichte Korbgefäss mit drei Gitterreihen und entsprechenden quartseitigen Bügeln und Spangen den Abschluss einer sich über drei Jahrhunderte erstreckenden Entwicklung darstellt. Die einfachen Knaufbuckel wandelten sich im Verlauf der Zeit zu Maskarons mit Menschen- und Tierköpfen oder dekorierten Rosetten. In der 2.Hälfte des 18.Jahrhunderts fanden vereinzelt Knäufe, Gefässschmuck und Scheidengarnituren aus Silber Verwendung.
Neben den bekannten Zentren der militärischen Griffwaffenproduktion wie Belluno, Serravalle und Brescia, zählten auch einzelne aus dem Balkan stammende Handwerker, die in im venezianischen Hoheitsgebiet aktiv waren, zu den Herstellern derartiger Griffwaffen. Boccia erwähnt fünf weitere in der Art des vorliegenden Exemplars in kyrillischer Schrift mit dem Meisternamen «Sava» signierte Gefässe, mehrheitlich mit drei Gitterreihen somit Arbeiten aus der 2.Hälfte des 18.Jahrhunderts. Für die Schiavona der Slg.C.Beck verwendete der nicht genauer lokalisierbare Meister Sava vermutlich aus Spargründen eine überarbeitete Passauerklinge aus dem 16.Jahrhundert. Viele dieser Waffen, vor allem aus dem 18.Jahrhundert, wurden, wie auch die beiden Beispiele aus der Slg.C.Beck (B 244, 245) belegen, mit älteren, nicht in Italien hergestellten Klingen montiert. Die Vielfalt der feststellbaren Klingen, häufig militärische Degenklingen anderer Staaten, z.B. Österreich-Ungarn, Frankreich oder Russland, lässt die Vermutung gerechtfertigt erscheinen, dass teilweise Beuteklingen verarbeitet wurden.
Literatur: Lionello G.Boccia, Les épées des esclavones: entre Venise et Illyrie, Genava, n.s., Tome XLIII, 1995, S.99-126, S.101, Abb.7, S.118-119, Abb.43, Signatur «SAVA». Boccia/Coelho, Armi bianche op.cit., S.345, Nrn.165-167 mit Abb., S.386-387, Nrn.488-498. Seitz, Blankwaffen I op.cit., S.122-126, Abb.138. Umberto Franzoi, L'Armeria del Palazzo Ducale a Venezia, Venezia 1990, S. 85-86, Nrn.144-1149, Abb.41/42, S. 106, Nrn. 271, 276, 278. Palmanova, Fortezza d'Europa, 1593 - 1993, Katalog, hg. Guido Pavan, S.197-199. Heinz Huther, Die Passauer Wolfsklingen, Legende und Wirklichkeit, Neue Veröffentlichungen des Instituts für ostbairische Heimatforschung der Universität Passau, Bd.59, Passau 2007.